Das Gefecht bei VICENZA - Monte Berico am 10. Juni 1848Der Aufmarsch der österreichischen Armee vor VICENZA
Ein zentrales Problem der Armee in Italien stellte neben der unsicheren politischen Situation in Wien auch die Versorgungslage dar. Die Versorgung aus Nordtirol war durch die geringe landwirtschaftliche Leistungsfähigkeit Tirols und die langen Wege nicht ausreichend, die Versorgung aus den verbliebenen norditalienischen Provinzen durch Aufständische zu gering. Als kritischer Punkt auf der direkten Versorgungslinie nach Innerösterreich stellte sich das aufständische und mittlerweile seit 23. Mai von General DURANDO mit rund 15.000 Bewaffneten kommandierte VICENZA an der Bahnlinie von VERONA nach VENEDIG dar.
Ab dem 5. Juni begann die Bewegung der österreichischen Armee aus der Festung MANTUA Richtung VICENZA. Am 6. Juni wurde durch die Festung LEGNANO die Etsch (Adda) überschritten und am 7. Juni wurde bei BEVILAQUA und MONTAGNANA Rasttag gehalten, am 8. Juni PONTE BARBARANO erreicht und am Abend des 9. Juni stand die österreichische Armee vor VICENZA. Die Hauptmacht umging die Monte Berici im Süden und konzentrierte sich im Osten entlang des Flusses Bacchiglione, während sich die aus VERONA anmarschierende Brigade CULOZ durch das Hügelland auf die Monte Berici vorarbeitete und am Abend des 9. Juni Stellung auf den Höhen bei ARCUGNANO bezog.
Gesundheitlich
angeschlagen[1] führte Oberst KOPAL sein
Bataillon auch in die Schlacht um VICENZA obwohl RADETZKY das Bataillon
aufgrund seiner bisherigen Verluste nur als Reserve vorgesehen hatte. Die Verteidiger der Stadt bestanden aus regulären
piemontesischen Truppen, darunter auch einige Kompanien Bersaglieri,
päpstlichen Schweizer Truppen sowie Freiwilligen Einheiten der Stadt und
mehrerer Regionen Italiens. Die Hügel um die Stadt waren befestigt und die
Höhen im Süden mit dem MONTE BERICO, MONTE DI BELLA VISTA und MONTE LA GUARDIA,
über welche bereits einmal die österreichische Reservearmee im Feldzug vergeblich
versucht hatte VICENZA einzunehmen, waren weiter verstärkt worden.
Bereits vor Tagesanbruch ca. um 0630 begannen erste Kampfhandlungen im Süden der Monti Berici, als 4 Kompanien Latour Infanterie und 2 Kompanien Oguliner (Grenzer) unter Oberst HAHNE das Straßenkreuz bei SANTA MARGHERITA und die CASA RAMBOLDO am südlichen Beginn der Höhenrückenstrasse der Monti Berici genommen hatten, um den Aufmarsch der Brigade CULOZ zu ermöglichen. Die Verteidiger zogen sich in ein Blockhaus auf dem MONTE DI BELLA VISTA zurück, von wo sie von den nachdrängenden Ogulinern und mehreren Raktenwürfen allerdings auch vertrieben wurden.
Die Schlacht um VICENZA
Skizze Monte Berico/VICENZA am 10. Juni 1848 in: ROST A., Die Kopaljäger im ersten Weltkrieg 1914-1918, Wien 1938, Beilage 1; sowohl die Sturmausgangsstellung als auch der Weg zur ersten Schanze auf der Skizze könnte eine Mißinterpretation darstellen. Italienische Skizzen der österreichischen Aufstellung sowie zeitgenössische Schilderungen zeigen, dass die Aufstellung der Zehnerjäger unter Umständen weiter Süd-Westlich war (zum Zeitpunkt des Sturms waren sie ja als Verstärkung zur Brigade CULOZ zugeteilt und nicht mehr im Verband der Brigade STRASSOLDO) und daher der Sturmangriff südlich des CA DI CIMA über die Serpentinenkurve zur Villa GHILINI führte - Beim Klick auf das Bild öffnet sich ein neues Fenster mit einer grösseren Darstellung des Bildes!
Die Schlacht begann planmäßig um 1000
Uhr, wobei die Brigade CULOZ bis zum Einschwenken der rechten Flanke zurückgehalten wurde. Um die italienischen Plänkler zurückzudrängen wurden 42 Kammerbüchsenschützen des 10. Bataillons unter Leutnant Friedrich MÜLLNER auf die nördlichen Abhänge des CA DI CIMA beordert, bevor um 1400 das Geschützfeuer der Brigade CULOZ auf die Stellungen am MONTE BERICO wieder eröffnet wurde und das 10. Bataillon hinter dem CA DI CIMA verdeckt aufgestellt wurde. Das Geschützduell und Plänklerfeuer dauerte bis gegen 1500, als ein
Teil der verteidigenden Truppen – entgegen ihrer Befehle – während einer
österreichischen Gefechtspause einen Bajonett-Ausfall aus ihren Schanzen im
Bereich MONTE BERICO und Villa/Pallazo CARCANO gegen die Truppen von General
CULOZ wagten. Verdeckte österreichische Geschütze stoppten den Angriff jedoch
50 Schritte vor den eigenen Truppen - vermutlich im Bereich der "S-Kurve" - und Oberst KOPAL sah die Chance, die
Schlacht wieder in Bewegung zu bringen. Ohne auf weitere Befehle zu warten
stürmte er mit seinem Bataillon aus einem Hohlweg (vermutlich dem Einschnitt südlich des CA DI CIMA) den zurückweichenden und
durch das Geschützfeuer in Unordnung geratenen italienischen und schweizerischen Einheiten auf der Hochfläche des Bergrückens nach und
drang mit diesen gleichzeitig in die Barrikaden der Verteidiger ein, sodass die
dort verbliebenen Truppen keine Chance auf massives Abwehrfeuer hatten, ohne die eigenen
Kameraden, welche mit dem Jägerbataillon im Nahkampf verzahnt waren, zu
treffen. Bereits vor dieser ersten Barrikade wurde Oberst KOPAL im rechten
Oberarm getroffen und blieb zurück.
Der getroffene Oberst v. KOPAL in den Armen seiner Jäger - im Hintergrund die Basilika Madonna del Monte, ein der künstlerischen Freiheit entsprechendes Arrangement; Foto: HGM InvNr. 1944-15-DBI357 Blaas: Einnahme Vicenza 1848 - Beim Klick auf das Bild öffnet sich ein neues Fenster mit einer grösseren Darstellung des Bildes!
Das Kommando übernahm der
Kompaniekommandant Hauptmann JABLONSKI und führte das Bataillon, gefolgt von
den anderen Truppenteilen CULOZ´s, weiter von Schanze zu Schanze bis zur
Basilika MADONNA DEL MONTE, von wo nur mehr der gedeckte Gang die
österreichischen Truppen von der Stadt trennte. Im Bereich der heutigen
PIAZZALE DELLA VITTORIA wurden österreichische Geschütze in Stellung gebracht,
welche von dieser überhöhten Position die Stadt unter Feuer nahmen und in der Basilika
entfaltete sich ein letztes Nahkampfgefecht zwischen den päpstlichen Schweizern und
österreichischen Truppen[2].
Basilika Madonna del Monte vom Bergrücken aus Richtung des Angriffes auf Höhe der Villa Calvi gesehen - Beim Klick auf das Bild öffnet sich ein neues Fenster mit einer grösseren Darstellung des Bildes!
Zeitgleich mit dem Sturm auf die Stellungen auf dem Bergrücken hatte das Regiment Prohaska mit 4 Kompanien unter Oberst Sigismund REISCHACH sowie 3 Kompanien Grenzern mit dem Ruf "Vorwärts Prohaska" die Villa Rotonda im Tal östlich der Basilika erobert. Damit war auch die rechte Flanke der Verteidiger im Raum der Basilika bedroht und sie zogen sich durch den gedeckten historischen Gang zurück in die Stadt.
Die Villa Rotonda, welche neben der Basilika die Pfeiler der Verteidiger entlang der Monti Berici darstellte. Verteidigt wurde sie an diesem 10. Juni von Bersaglieri sowie Freiwilligen verschiedener Städte und Studenten - Beim Klick auf das Bild öffnet sich ein neues Fenster mit einer grösseren Darstellung des Bildes!
Am 11. Juni um 0630 kapitulierte schliesslich VICENZA und die Verteidiger durften mit dem Versprechen eines 3 monatigen Angriffsverzichts auf das rechte Ufer des Po abziehen.
Piemonteser Gefangene in VICENZA, Foto HGM, InvNr. 1938-15-BI20414 - Beim Klick auf das Bild öffnet sich ein neues Fenster mit einer grösseren Darstellung des Bildes!
KOPAL musste der Arm amputiert
werden[3]
und trotz vorheriger positiver Aussichten der Ärzte verschied er – wohl auch
durch die bereits vorher vorhandene Schwächung durch die Ruhr – in der Nacht
vom 16. zum 17. Juni in VICENZA. Er wurde auf dem dortigen Friedhof mit allen
militärischen Ehren beigesetzt, nach der Auflassung des Friedhofes in den 70er
Jahren des 20. Jahrhunderts wurden seine Überreste nach Österreich überführt
und in einem Ehrengrab der Stadt ST PÖLTEN auf dem Waldfriedhof – ebenfalls mit
militärischen Ehren - bestattet.
Der MONTE BERICO wurde zum
militärischen Sperrgebiet und von einer österreichischen Besatzung bis 1859
gehalten, wobei stets eine Artillerieeinheit rund 12 Geschütze auf die Stadt
gerichtet hielt.
Nach der Schlacht bei VICENZA war
zwar die Hauptversorgungsroute der österreichischen Armee wieder frei, nun wurde jedoch VERONA durch die piemontesische Armee wieder bedroht. Die Masse der Armee rückte daher bereits am 11. Juni wieder aus VICENZA ab und erreichte VERONA vor der piemontesischen Armee. Die
Gefechte gingen weiter und das Jägerbataillon Nr 10 zeichnete sich am
24. Juli am MONTE VENTO und am 25. Juli in der Schlacht von CUSTOZZA aus.
Während der Vorrückung gegen MAILAND nahmen die erste, zweite und fünfte Kompagnie
unter Hauptmann Edlen von Beckh durch einen kühnen Bajonett-Angriff die CASA
GAMBALOITA mit beispielloser Tapferkeit, eroberten daselbst 7 dort aufgestellte
Kanonen samt Bespannung und allen Munitionskarren, und machten einen Stabs-, 2
Oberoffiziere und 60 Mann gefangen, ebenso versprengten sie eine auf der
Strasse als Geschütz-Bedeckung aufgestellte piemontesische Lanciers-Abteilung.
Die dritte, vierte und sechste Kompagnie hatten LA VERDE erstürmt, 2 Kanonen
erobert und 50 Gefangene gemacht[4].
Eine andere Publikation nennt zusätzlich
die Gefechte bei SOMMACOMPAGNA am 23., bei VALEGGIO am 25., bei CREMONA am 30.
Juli, das Scharmützel bei CREMA und LODI am 1. August und das Gefecht bei
MAILAND am 4. und 5. August als Einsätze des Bataillons[5].
[1] Es wird angeführt,
dass KOPAL bereits mehrere Tage an Ruhr litt – siehe KOPAL, Karl von“, in:
Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 656-659 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd129217794.html?anchor=adb
Abgefragt im Jänner 2011
[2] Über die Ereignisse
in der Basilika gibt es je nach Seite der Geschichtsschreibungen
unterschiedlichste Berichte, am ausgewogensten erscheint derzeit jene Beurteilung,
welcher im Rahmen der Forschung zum 150 Jahr-Jubiläum des Risorgimento erstellt
wurde siehe http://www.vicenzaitalia150.it/
sowie http://www.alpinicampedello.it/en/pages/historical-route-step6/
Abfrage Jänner 2012
[3] Auch wenn in der
Literatur teilweise von einem Treffer in das Bein berichtet wird, dürfte doch
der rechte Arm amputiert worden sein, da dieser noch in der privaten Kapelle
der Villa PASINI gemeinsam mit den sterblichen Überresten des Hauptmanns PIRKER
und zweier Jäger des Bataillons Nr. 10 in VICENCA liegen soll: siehe http://www.alpinicampedello.it/en/pages/historical-route-step6/
Abfrage Jänner 2012 sowie Kapitel 3.15 Gedenkstätten in VICENCA
[4] THÜRHEIM Andreas
(Graf), Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte der K.K. Armee, WIEN und TESCHEN
1880, S 624
[5] JABLONSKI DEL MONTE
BERICO, Josef, in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 527-528
[Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd136250637.html?anchor=adb
Online: 21.02.2012 by WGE - Update: 11.10.2012 by WGE - Version: Dienstag , 03.
Dezember 2024
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