Napoleonischer Feldzug in Frankreich 1815 und Besatzung bis 1818Der Feldzug in Süd- und Mittelfrankreich 1815
Während noch der Kongress der Alliierten in Wien über die Neugestaltung Europas tagte, war Napoleon I. von seinem Exil auf Elba kommend am 1. März 1815 bei Cannes mit 1.000 Anhängern und 4 Geschützen gelandet und er begann seinen Triumphzug nach Paris, nachdem bei Grenoble Marschall Ney, welcher ihn im Auftrag des Bourbonenkönigs Ludwig des XVIII verhaften sollte, mit seinen Truppen zu ihm übergelaufen war. Am 20. März zog Napoleon unter dem Jubel der Bevölkerung in Paris ein, während ihn die Alliierten in Wien am 13. März zum Ruhestörer erklärt hatten. König Murat von Neapel, welcher sich 1814 durch ein Sonderabkommen mit den Alliierten auch nach der Abdankung NapoleonS seine Macht sichern konnte, ergriff bereits am 12. März wiederum die Partei NapoleonS und begann ab dem 28. März einen Angriff auf die Marken [1] und die Toskana.
Die österreichische italienische Armee bezog eine Blockadestellung entlang des Po, wobei 2 Kompanien des Bataillons unter Hauptmann Hellin in den Brückenkopf von Borgoforte befohlen wurden und der Rest des Bataillons ab dem 30. März in Martignana di Po mit Vorposten entlang des Po stationiert war. Bis zum 16. April verblieb das Bataillon in der Armee des Feldmarschall-Leutnants Baron Bianchi (zuerst Division Baron Mohr, danach Division Graf Neipperg), bis dieser gegen Murat [2] vorrückte. Danach wurde das Bataillon für den Einsatz in Frankreich in der Armee Feldmarschall-Lieutenants Baron Frimont in der Vorhutbrigade des Generalmajors Baron Bretschneider im 2. Armeecorps Bubna vorgesehen und marschierte über Cremona am 23. April nach Lodi, sodann am 4. Mai nach Pavia, bevor am 2. Juni der Aufmarsch über Lomello Richtung Frankreich begonnen wurde.
Vorrückung der Franzosen am 15. Juni 1815
Während sich in Nordfrankreich die Entscheidungsschlacht zwischen den Alliierten und Napoleon I. in Belgien am 16. Juni bei Belle Alliance/Waterloo abzeichnete, rückten am 15. Juni auch die FranzÖsischen Truppen entlang der Grenze von Montmelian bis Genf sowie über die Piemontesische Grenze vor, um der Österreichischen Armee die Alpenausgänge aus dem Wallis zu verlegen und die Pässe zu besetzen. Daher wurde am 17. Juni die österreichische Armee unter Feldmarschall-Lieutenant Baron Frimont [3], auch als Oberitalienische Armee bezeichnet, in Marsch gesetzt, um den Franzosen zuvorzukommen. Der rechte Flügel mit dem 1. Armeecorps des Feldmarschall-Leutnant Radivojevich und dem Reservecorps unter Feldmarschall-Leutnant Baron Merville marschierte unter dem persönlichen Befehl von Frimont über den Simplon und erreichte die Enge bei Saint Maurice [4] am 20. Juni vor den Franzosen, der linke Flügel mit dem 2. Armeecorps unter Feldmarschall-Leutnant Baron Bubna schob sich Richtung Susa und Aosta-Tal vor.
Am 18. Juni [5] erreichte das Bataillon als Vorhut des 2. Armeecorps Eniles [Exilles], wo der Bataillonsstab mit der Hälfte des Bataillones verblieb, während die anderen 3 Kompanien bis Oulx vorgeschoben wurden [6].
Feldzug gegen Frankreich 1815, der Weg von Turin bis Lyon; Graphik Eckel 2013 - Beim Klick auf das Bild öffnet sich ein neues Fenster mit einer grösseren Darstellung des Bildes!
Das Gefecht an der Brücke von Argentine am 28. Juni 1815 [7]
Am 24. und 25. Juni war Feldmarschall-Leutnant Bubna in einem Umfassungsmanöver über den Mont Cenis [8] rechts auf das Tal der Arc vorgestoßen [9], während die Brigade Bubna entlang des Tales vorrückte. Bei der bereits abgebrannten Brücke über die Arc bei Argentine/Aiguebelle kam es schließlich am 28. Juni zu einem erbitterten Gefecht, bei welchem von Seiten des Bataillons vor allem Hauptmann Hellin mit der 6. Kompanie beteiligt war. Nachdem ein erstes Waffenstillstandsersuchen der Franzosen von den Österreichern abgelehnt wurde, sah sich nach rund einer Stunde Feuergefecht der Feind in seiner Rückzugslinie bedroht und suchte zum zweiten Mal um 24 Stunden Waffenstillstand an, welche ihm zum Zweck seines Rückzugs nach Montmelian gewährt wurde. Die Brücke wurde binnen Stunden wiederhergestellt und die Vorhut des linken Flügels ging am linken Ufer der Arc weiter vor. Die Französischen Truppen zogen sich weiter über Chambery zurück, ließen jedoch das Fort von LA GROTTE besetzt.
Das Gefecht von La Grotte am 5. Juli 1815
Das Fort von La Grotte [10] lag an der damaligen Hauptstraße [11] von Turin nach Lyon in einer engen gewundenen Schlucht, welche heute allerdings im letzten westlichen Teil durch einen Straßentunnel abgekürzt wird und der Rest der ehemaligen Straße heute im Regionalen Naturpark Chartreuse die „Site de Saint-Christophe-la-Grotte“ mit den beiden Naturdenkmälern „Grotte Supérieure“ und „Le Grand Goulet“ beherbergt [12]. Hinter den westlichen Hängen der Schlucht, in welches nach den historischen Berichten das Fort hineingeschlagen wurde, lag der steile Abbruch zum Tal, welcher damals nur über die durch das Fort gesperrte Straße durch die vom Wasser ausgewaschene Schlucht überwindbar war. Da gleichzeitig auch die Festung von Grenoble im Süden weiterhin von den Franzosen besetzt war, wurde der Angriff auf das Fort von La Grotte angeordnet.
Oberst O´Brien [13] führte das Kommando gegen La Grotte [14], bestehend aus 1 Kompanie der 10er Jäger sowie 3 Kompanien des Infanterieregimentes Baron Kerpen. Am 4. Juli schob er seine Vorposten an das Fort heran, bevor er am 5. Juli den Angriff mit einer Umfassung sowie einem Angriff einer Halbkompanie Infanterie mit Jägern gegen die über dem Fort errichtete Redoute eröffnete. Nach wenigen Schüssen zogen sich die Besatzer der Redoute in das Fort zurück, welches am 6. Juli kapitulierte [15].
Nachdem auch alle weiteren Vorrückungslinien nach Aiguebellette durch Verhaue und Barrikaden gesperrt waren, wurde das 10. Bataillon nach Sevola beordert, wo das Bataillon gemeinsam mit dem Fenner-Jäger-Bataillon unter Major Pirquet das weglose Gebirge durchquerte und die Besatzung der Sperren am 6. Juli im Morgengrauen im Rücken angriff, worauf diese aus ihren Stellungen flüchteten [16].
Gleichzeitig war vom 4. Juli an Grenoble durch die Sardinischen Truppen des 2. Armeecorps unter General Giflenga und Generalleutnant Latour belagert worden. Nachdem durch die Öffnung der Straße über La Grotte nun Grenoble auch von Nordwesten eingeschlossen werden konnte, ergab sich die Stadt und Festung am 9. Juli [17].
Das Gefecht von La Guillotiere / Lyon am 10. Juli 1815
Die Vorhut des 2. Armeecorps, bestehend aus einem Bataillon des Infanterieregimentes Baron Kerpen, dem 10. Feld-Jäger-Bataillon und dem Fenner-Jäger-Bataillon sowie 4 Eskadronen Frimont-Husaren und 130 Piemontesischen Chevauxlegers nebst einer Kavallerie – Batterie erreichte am 10. Juli die vor den Verschanzungen der Vorstadt La Guilottiere bei Bron und St. Alban aufgestellten Vorposten von Lyon. Nach erbitterten Gefechten konnten die Vorposten in das verschanzte Lager in der Vorstadt La Guilottiere zurückgeworfen werden und die Vorhut besetzte das Plateau östlich vor Lyon. Gleichzeitig mit dem 2. Armeecorps war auch das Reservecorps der Armee unter Melville vor Lyon eingetroffen, während das 1. Armeecorps unter Radivojevich hinter Lyon weiter vorrückte.
Am 11. Juli wurde ein Waffenstillstand geschlossen, welcher die schrittweise Übergabe der Befestigungen LyonS vom 14. bis zum 17. Juli sowie den Rückzug der FranzÖsischen Armee unter Marschall Suchet hinter die Loire beinhaltete [18].
Am 17. Juli wurde Lyon durch die österreichischen Truppen besetzt, aufgrund der engen Verhältnisse wurde das Bataillon jedoch nach wenigen Tagen in die Umgebung verlegt und in mehreren kleinen Orten kantoniert [19]. Am 15. Oktober zog Kaiser Franz I. seine Armeen im Lager von Dijon zu einer großen Heerschau zusammen, infolge derer der Bataillonskommandant Major Cassasa für seine Leistungen im Feldzug 1815 zum Oberstleutnant befördert wurde.
Die Besatzungszeit in St. Marie aux Mines/Elsass von 1815 bis 1818
Noch vor dem Frieden von Paris vom 20. November 1815 begann am 3. August die Besetzung Frankreichs durch die Alliierten Truppen. Bis zum 18. Oktober verblieb das Bataillon in St. Galmier, bevor es am 18. Oktober nach Raone marschierte und 3 Ortschaften besetzte. Hauptaufgabe war die Begleitung der Geldeintreiber, welche die Reparationszahlungen erhoben, sowie der Transportschutz der Geldsendungen. Die Hauptleute des Bataillons hatten die Verpackung der Gelder zu überwachen, zu kontrollieren und zu bestätigen. Ab dem 11 Jänner 1816 gehÖrte das Bataillon zur dislozierten Division des Feldmarschall-Leutnant Baron Lederer im Département Haut Rhin/Elsass in Dannemarie [DE: Dammerkirch] und wurde danach in die Division des Feldmarschall-Leutnant Baron Mohr nach Saint-Marie-aux-Mines [DE: Markirch] im Elsass verlegt [20]. Anfang 1817 wurde der Stand der Besatzungstruppen um 20% reduziert und 53 Mann des Bataillons marschierten Richtung Heimat. Bei den Revue-ManÖvern vor dem Herzog von Wellington als Oberkommandierendem der alliierten Besatzungstruppen am 10. September 1817 war das Bataillon mit einem Stand von 23 Offizieren, 1079 Mann und 48 Pferden beteiligt. Nach einem weiteren Manöver im Jahr 1818 kam schließlich der Befehl zur Beendigung der Besatzung. Obwohl der Friede von Paris eine 5 jährige Besatzung vorsah, war auch eine Klausel enthalten, dass die Besatzung bei entsprechenden Fortschritten in Frankreich bereits nach 3 Jahren beendet werden könne. Da die Alliierten Frankreich nicht weiter finanziell belasten wollten – die gesamten Kosten der Besatzung mussten von Frankreich bezahlt werden – wurde die österreichische Besatzungsarmee ab dem 1. November 1818 in Marsch gesetzt. Das Bataillon bildete die Nachhut der abrückenden österreichischen Armee und marschierte über Freiburg (im Breisgau) Ravensburg, Salzburg, Lambach, Steyr, Eisenerz, Leoben nach Judenburg, wo es Anfang Jänner 1819 eintraf. Seit dem 20. Oktober 1817 befand sich in Judenburg die Depot-Kompanie des Bataillons und hier wurde nun das Bataillon wieder auf „Friedensstand“ reduziert [21]. Nur kurz währte die Friedenszeit, bereits Mitte 1820 brachen neue Unruhen in Süditalien aus.
[1] Er wartete in ANCONA den Erfolg des Vormarsches Napoleons ab, bevor er den Angriffsbefehl für seine Truppen gab.
[2] Nach dem Ende des Feldzuges gegen Murat und der Wiedereinsetzung FERDINAND IV. als KÖnig beider SIZILIEN und NEAPELS versuchte Murat nochmals eine Revolution anzuzetteln. Er wurde in CALABRIEN bei PIZZO gefangen genommen, am 13. Oktober ebendort von einem Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Vergleiche SPORSCHIL Johann, Der Feldzug der Österreicher gegen Joachim Murat im Jahre 1815, BRAUNSCHWEIG 1843, S 86ff
[3] STRACK J. Ebenda S 52 führt Frimont als Feldmarschall-Leutnant. Bei SPORSCHIL Johann, Die große Chronik – Geschichte des Krieges des verbündeten Europas gegen Napoleon Bonaparte in den Jahren 1813, 1814 und 1815, Dritter Teil, BRAUNSCHWEIG 1841, S 518, wird Frimont dagegen als General der Cavallerie geführt. Es wird jedoch der Dienstgradbezeichnung STRACK´s gefolgt, da SPORSCHILS Ungenauigkeiten in den Dienstgradbezeichnungen auch in anderen Werken auffällt.
[4] Bei SPORSCHIL J., Die große Chronik, BRAUNSCHWEIG 1841, wird die Ortschaft noch als ST. MORITZ bezeichnet. Da dies jedoch zu Verwechslungen führen kÖnnte, wird hier der heutige Name verwendet.
Obwohl heute in der allgemeinen Betrachtung der Sieg WELLINGTONS und BLÜCHERS über Napoleon I. bei Waterloo am 18. Juni als Ende der Herrschaft der 100 Tage betrachtet wird, begann für das 10. Feld-Jäger-Bataillon an diesem Tag eigentlich erst der Feldzug gegen FRANKREICH - auch die weiteren Gefechte in diesem Feldzug fanden erst nach der zweiten Abdankung NapoleonS am 22. Juni 1815 statt!
[6] STRACK J., Ebenda, S 53
[7] Vergleiche: SPORSCHIL Johann, Die große Chronik – Geschichte des Krieges des verbündeten Europas gegen Napoleon Bonaparte in den Jahren 1813, 1814 und 1815, Dritter Teil, BRAUNSCHWEIG 1841, S 521 sowie STRACK J. Ebenda, S 54, Beide nennen den 28. Juni, bei ROST Alfred, Geschichte des k.u.k. Feldjägerbataillons Kopal Nr. 10 1914-1918, WIEN 1938, Beilage 1 S 2 scheint der 26. Juni auf. Es ist jedoch eher den beiden zeitgenössischen Autoren zu vertrauen, auch wenn beide in weiten Bereichen wortident sind.
[8] Die Straße über den Mont-Cenis wurde von Napoleon I. ausgebaut, um eine bessere Verbindung von Frankreich (Lyon) nach Italien (SUSA/Turin) zu erhalten.
[9] STRACK J., Ebenda, S 53f
[10] Es ist nicht vollständig auszuschließen, dass das „FORT“ von LA GROTTE tatsächlich aus den ausgebauten Teilen der heutigen oberen NaturhÖhle bestand.
[11] Die Straßenverbindung geht zurück auf eine römische Straße welche ihrerseits vermutlich auf noch älteren Wegen basierte. Die Route wurde 1670 von Karl Emmanuel II. von Savoyen restauriert, woran noch heute ein Denkmal erinnert und erst Ende des 19. Jahrhunderts durch den Straßentunnel „Napoleon“ verkürzt und im 20. Jahrhundert durch die Autobahnen als Hauptverbindung abgelÖst.
[12] Siehe auch http://www.animgrotte.com Abfrage Februar 2013
[13] O´BRIEN ist bekannt als der „Held der Schwarzlackenau“ in WIEN 21., FLORIDSDORF, wo er als Major am 13. Mai 1809 den Übergang der Franzosen bei NUSZDORF über die DONAU vor der Schlacht von ASPERN verhinderte. Ein Denkmal an der Kreuzung Überfuhrstraße/Kerpengasse im 21. Bezirk erinnert heute noch an diese Leistung.
[14] STRACK J., Ebenda, S 55
[15] Auch hier kommt es trotz teilweise wortidenten Beschreibungen des Gefechts zu einer Differenz zwischen STRACK J., S 55 welcher als Kapitulation des Forts den 6. Juli nennt und SPORSCHIL J., Die große Chronik – Geschichte des Krieges des verbündeten Europas gegen Napoleon Bonaparte in den Jahren 1813, 1814 und 1815, Dritter Teil, BRAUNSCHWEIG 1841, S 530, welcher als Kapitulationszeitpunkt erst den 7. Juli 15:00, nach Genehmigung der Bedingungen durch FML Bubna angibt.
[16] STRACK J., Ebenda, S 55
[17] SPORSCHIL J., Die große Chronik – Geschichte des Krieges des verbündeten Europas gegen Napoleon Bonaparte in den Jahren 1813, 1814 und 1815, Dritter Teil, BRAUNSCHWEIG 1841, S 531f.
[18] SPORSCHIL J., Die große Chronik – Geschichte des Krieges des verbündeten Europas gegen Napoleon Bonaparte in den Jahren 1813, 1814 und 1815, Dritter Teil, BRAUNSCHWEIG 1841, S 532 – ebendort wird auch das Gefecht von LA GUILOTTIERE/Lyon als „unerheblich“ bezeichnet, während STRACK J. auf S 56 von erheblichen Verlusten der Franzosen berichtet. Obwohl STRACK (1863) in weiten Bereichen wortident mit SPORSCHIL (1841) ist, werden doch unterschiedliche Gewichtungen in einzelnen Gefechtsbeschreibungen eingefügt.
[19] STRACK J., Ebenda, S 57
[20] STRACK J., Ebenda, S 58f
[21] STRACK J., Ebenda, S 61; Friedenstand waren 4 Kompanien mit reduziertem Stand Online: 10.09.2020 by WGE - Update: 10.09.2020 by WGE - Version: Sonntag , 24.
November 2024
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